Trotz Förderprogrammen wie dem DigitalPakt Schule verläuft die Digitalisierung an Schulen noch immer schleppend. Das geht aus einer neuen Studie hervor, die von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) unterstützt und von der Max-Traeger-Stiftung und der BGAG-Stiftung Walter Hesselbach gefördert wurde. Befragt wurden in Zusammenarbeit mit der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften der Georg-August-Universität Göttingen und dem Umfragezentrum Bonn 2.750 angemeldete und bestätigte Lehrkräfte der Sekundarstufe I und II im Januar/Februar 2021 an Gymnasien und Gesamtschulen von bundesweit 233 Schulen aus allen Bundesländern.
Insbesondere machen sich die Forscher große Sorgen um die Kluft zwischen sogenannten „Vorreiter“- und „Nachzügler“-Schulen. Denn die Corona-Pandemie hat zwar einerseits die Digitalisierung in Schulen beschleunigt, andererseits gibt es aber noch immer große Lücken in der technischen Ausstattung: So stellt beispielsweise jede zweite Schule kein WLAN für Schüler bereit.
Ein Drittel der Schulen „Nachzügler“ in Sachen Digitalisierung
Zudem habe sich eine deutliche Kluft zwischen einzelnen Schulen wie in Sachen digitaler Kompetenz gebildet, erklärte die GEW. Demnach seien etwa ein Drittel der Schulen „Nachzügler“ in Sachen Digitalisierung, lediglich zwölf Prozent „Vorreiter“. „Die Unterschiede sind gravierend“, sagt Studienleiter Dr. Frank Mußmann von der Kooperationsstelle der Universität Göttingen.
Nur jeder dritte Jugendliche checkt, ob Internet-Infos vertrauenswürdig sind
Das wirkt sich offenbar auch auf die grundlegende Medienkompetenz aus: So sei beispielsweise nur ein Drittel der Jugendlichen an Nachzügler-Schulen in der Lage zu überprüfen, ob Informationen, die sie im Internet finden, vertrauenswürdig sind. Mußmann weiter: „Es ist nicht gut für eine Demokratie, wenn nur 34 Prozent der SchülerInnen in ,Nachzügler-Schulen‘ lernen, wie sie prüfen können, ob sie sich auf Informationen im Internet verlassen können.“ Zum Vergleich: An den „Vorreiter-Schulen“ seien es dagegen 62 Prozent.
Zu wenig digitale Geräte an Schulen für den Unterricht
Aber warum kommt denn die Digitalisierung an Schulen nur so schleppend voran?
Unter anderem liegt das daran, dass die ohnehin höhere Arbeitsbelastung für LehrerInnen noch einmal gewachsen sei. So sei das Lernen mit digitalen Medien und Tools an deutschen Schulen extrem ungleich umgesetzt worden. An „Nachzügler-Schulen“ seien die digitale Infrastruktur oder die Weiterbildungsmöglichkeiten für Lehrkräfte deutlich schlechter. Nur 57 Prozent der Lehrkräfte arbeiteten an Schulen, an denen es für den Unterricht genügend digitale Geräte gebe. Diese digitale Kluft gefährde die Kompetenzentwicklung und die gleichberechtigte Teilhabe. (1)
Technische Unterstützung nur zu 50 Prozent gewährleistet
Fragt man Lehrkräfte nach der digitalen Ausstattung an den Schulen, erhält man ein durchwachsenes Bild:
- Nur 57% der Lehrkräfte arbeiten an Schulen mit ausreichend digitalen Geräten für die Verwendung im Unterricht.
- Die digitale Infrastruktur unterstützt nur in der Hälfte der Schulen (50%) auch das digitale Lehren und Lernen.
- Nur in 29% der Fälle sind auch die Räume so eingerichtet, dass digitales Lehren und Lernen wirklich unterstützt wird.
- Und nur zu 50% ist eine technische Unterstützung bei Problemen gewährleistet.
Neue, zusätzliche Anforderungen für bis zu 90 Prozent der Lehrkräfte
Die Anforderungen an Lehrkräfte sind allgemein durch Corona und Digitalisierung gestiegen. Je nach Merkmal sind für 60 bis 90 Prozent der Lehrkräfte neue, zusätzliche Anforderungen hinzu gekommen.
Zusätzlich zu den neuen Anforderungen durch digitale Arbeits- und Lernformen fordern suboptimale äußere Rahmenbedingungen das Improvisationstalent von Lehrkräften heraus, was ihre Arbeit teilweise stark belastet.
- Zu den pandemiebedingten temporären Anforderungen zählen organisatorische Unklarheiten, Widersprüche und teils kurzfristige Änderungen, von denen 84% der Lehrkräfte berichten. 75% von ihnen fühlen sich dadurch (eher) stark belastet.
- Der kurzfristig eingeführte, nun verstärkte Einsatz digitaler Medien führt bei 57% zu Arbeitsstress und Hektik.
- 62% müssen sich mit unzulänglicher Medientechnik und Infrastruktur arrangieren, was 61% der Lehrkräfte auch belastet.
- Nicht neu sind räumliche und gebäudeinfrastrukturelle Defizite im deutschen Schulwesen, von denen mehr als die Hälfte der Lehrkräfte (51%) berichten.
Forderung nach Forcierung digitaler Infrastrukturen
Aufgrund der Studie fordern die Experten: Es sind nachdrücklich Maßnahmen zur Überwindung der digitalen Kluft anzuraten. Schulen müssen in ihrer Entwicklung unterstützt werden. Schulleitungen müssen ermuntert werden, sich auf partizipative Entwicklungsprozesse einzulassen. Digitale Infrastrukturen müssen forciert und pädagogisch angemessen ausgebaut werden! (2)
Lehrer sind keine IT-Experten und brauchen daher fachliche Unterstützung
Hilfe steht bereit – wird aber nicht genutzt. Denn: 500 Millionen Euro stehen seit dem 4.11.2020 bereit, damit Schulen IT-Administratoren wie uns finanzieren und ihre digitale Technik verbessern können. Damit wird eine zweite Zusatzvereinbarung wirksam, die zum DigitalPakt Schule infolge der Corona-Pandemie beschlossen und von Bund und Ländern verhandelt wurde. Mit der Unterschrift unter die Zusatzvereinbarung „Administration“ können nun diese zusätzlichen Gelder an die Schulen fließen, um auch die Administration der IT in den Schulen zu fördern. Anträge können bei den Ländern gestellt werden.
Dies ist zum Beispiel ein wesentlicher Baustein, um die Digitalisierung der Schulen in nächster Zukunft zu forcieren. Allerdings: Bis zum 31.12. seien weder Mittel abgerufen noch gebunden worden, teilte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit. (3)
500 Millionen Euro für Tablets und Computer für SchülerInnen ...
Zusätzlich gibt es noch 500 Millionen Euro etwa für Tablets und Computer, damit SchülerInnen unabhängig von der finanziellen und technischen Ausstattung im Elternhaus am Online-Unterricht teilnehmen können – doch auch hier hakt es offensichtlich, wie die Antwort des Bildungsministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion von Anfang Mai zeigt.
Demnach sind aus dem 500-Millionen-Euro-Budget zum Stichtag 31. Dezember 2020 – dem aktuellsten verfügbaren Datum – bisher erst 40.930 Geräte über das Programm von den Ländern angeschafft worden. Insgesamt. Bundesweit. Für rund elf Millionen SchülerInnen an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen.
Lediglich vier Länder haben laut BMBF, das auf „vorläufige Angaben verweist“, überhaupt Geräte angeschafft: Sachsen führt demnach mit 21.524 Tablets und Laptops, gefolgt von Niedersachsen (16.176 Geräte), Hessen (2.368) und Nordrhein-Westfalen, wo 862 angeschaffte Geräte auf 2,49 Millionen Schülerinnen und Schüler kommen. Die übrigen zwölf Länder gaben laut BMBF als Bestellgröße „0“ an …
... und 500 Millionen Euro für Laptops für LehrerInnen warten auf Abruf
Noch langsamer geht es voran beim „Sofortprogramm“ für die: Auch für sie stehen 500 Millionen Euro bereit, um Laptops anzuschaffen. Doch die Länder unterzeichneten die dafür notwendige Zusatzvereinbarung erst am 28. Januar 2021 – obwohl der Koalitionsbeschluss bereits im Sommer 2020 gefasst worden ist. Wie viele Mittel aus diesem Programm abgerufen worden sind, weiß die Regierung deshalb bisher nicht, erklärt das BMBF. Erst zum nächsten Stichtag am 31. Juni würden Zahlen vorliegen.
Dieses Schneckentempo bei den „Sofortprogrammen“ spiegelt nur das Desaster beim übergeordneten „Digitalpakt Schule“ wider: 2019 wurde er von Bund und Ländern verabschiedet, mit fünf Milliarden Euro bis 2024 ausgestattet, doch es geht auch hier nur schleppend voran. Erst fünf Länder konnten laut BMBF zum Stichtag Ende Dezember über vollständig abgeschlossene Maßnahmen berichten. (4)
Wir helfen Ihnen, Ihre Schule fachgerecht zu digitalisieren. Selbstverständlich unterstützen wir Sie auch dabei, die dafür notwendigen Fördergelder zu beantragen, um so einen reibungslosen digitalen Schulalltag ermöglichen zu können. Rufen Sie uns an! Telefon: 0511 6766898-0
1 Kommentar zu „Digitalisierung an Schulen verläuft schleppend: Nur jede zweite Schule bietet WLAN für SchülerInnen“
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