Befunde, Medikamente, Arzttermine: In Zukunft soll alles digital gespeichert werden – und so PatientInnen und ÄrztInnen das Leben vereinfachen. Doch auch wenn die Politik für die elektronische Patientenakte wirbt – noch holpert es gewaltig bei der Einführung …
Theoretisch könnten seine PatientInnen die elektronische Patientenakte bereits benutzen. Das sagt Hausarzt Jürgen Rietzschel aus Hohenstein-Ernstthal. „Theoretisch“, betont er. „Praktisch aber noch nicht. Die technischen Voraussetzungen sind relativ schwierig umzusetzen.“ Der 36-Jährige arbeitet als angestellter Arzt in einer Außenstelle der Poliklinik Chemnitz. Er ist kein Skeptiker der Digitalisierung. Aber die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) bereitet ihm Sorgen.
Die Einführung der ePA verläuft in drei Schritten: Seit Januar müssen die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten diese ePA anbieten. Im zweiten Quartal erfolgte ein sogenanntes Rollout. Bis Mitte des Jahres sollten alle Praxen der vertragsärztlichen Versorgung die notwendige Technik angeschafft haben und an diese Infrastruktur angeschlossen sein. Dazu zählen beispielsweise Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Krankenhäuser, Psychotherapeuten, Hebammen und Rettungsdienste.
Start der Elektronischen Patientenakte schwierig
Doch der Start der ePA wird von vielen Schwierigkeiten begleitet. Wer nachvollziehen möchte, womit sich Ärzte herumschlagen, muss viel technisches Interesse und Verständnis mitbringen. Denn für die Digitalisierung des Gesundheitswesens wird in Deutschland eine sogenannte Telematikinfrastruktur (TI) aufgebaut. Der Grund ist die notwendige Sicherheit. Mit der TI sollen alle Daten völlig abgeschirmt vom Internet übertragen werden können.
Hohe technische Anforderungen: Digitales Verwaltungssystem, Konnektor, elektronischer Heilberufsausweis
Für die Praxis, in der Jürgen Rietzschel als Hausarzt arbeitet, heißt das, dass sie neben dem Verwaltungssystem nun auch einen sogenannten Konnektor braucht. Das ist das Gerät, was die personenbezogenen sensiblen Daten überträgt – mit einem hohen Sicherheitsniveau. Der Konnektor sorgt unter anderem dafür, dass medizinische Dokumente verschlüsselt und signiert werden können.
Doch damit nicht genug. Für viele Anwendungen der TI ist ein elektronischer Heilberufsausweis der Pflicht. Der wird unter anderem für elektronische Signaturen benötigt, die zum Beispiel für den elektronischen Arztbrief oder die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlangt wird. Zehn Monate hat Hausarzt Rietzschel darauf gewartet, dass ihm und seinen Mitarbeiterinnen die Ausweise ausgestellt werden.
ÄrztInnen müssen elektronische Patientenakte (ePA) anbieten – aber nur drei Unternehmern bieten Technik dafür
Die Arztpraxen sind also von den Anbietern der technischen Ausrüstung abhängig. Drei Unternehmen haben zum Beispiel die Konnektoren entwickelt. Diese stellten sich als ein technischer Flaschenhals heraus. Zwar gibt es die gesetzliche Vorgabe, dass die Praxen die ePA ab dem 1. Juli anbieten müssen, aber selbst Praxen, die das wollten, konnten das nicht in jedem Fall: Die für die Zulassung verantwortliche Firma Gematik ließ den ersten Konnektor Anfang Mai zu, den zweiten am 30. Juni und den dritten erst Ende Juli – als die Patientenakte schon seit drei Wochen funktionieren sollte … (Anmerkung: Die gematik GmbH wurde – laut wikipedia – im Januar 2005 von den Spitzenorganisationen des deutschen Gesundheitswesens gegründet, um gemäß gesetzlichem Auftrag die Einführung, Pflege und Weiterentwicklung der elektronischen Gesundheitskarte – eGK –und ihrer Infrastruktur in Deutschland voranzutreiben, zu koordinieren und die Interoperabilität der beteiligten Komponenten sicherzustellen).
Keine Zeit für die Ärzte, sich mit dem neuen System auseinanderzusetzen. Lediglich ein enormer Druck auf die Ärzte, dieses schnellstmöglich einzusetzen, kritisiert Hausarzt Rietzschel. „Man hat keine Zeit, sich überhaupt damit auseinanderzusetzen, wie ich die Praxis da umstrukturieren könnte, was ich jetzt anders machen muss. Man kann das alles nicht testen.“
Honorarkürzungen um 2,5 Prozent für Nichterfüllung der ePA
Damit nicht genug kamen technikseitig weitere Probleme hinzu: Beispielsweise liegen bis jetzt nicht für alle Praxisverwaltungssysteme Zulassungen für die ePA-Updates vor.
Praxen, die nicht an die technische Infrastruktur angebunden sind, sollen per Gesetz 2,5 Prozent der Honorare gekürzt werden. Dagegen sind die Kassenärztlichen Vereinigungen Sturm gelaufen. „Gemeinsam mit vielen anderen Organisationen der ärztlichen Selbstverwaltung und den freien ärztlichen Berufsverbänden kritisieren wir den politischen Druck zur forcierten Digitalisierung der Arztpraxen, bevor die vorausgesetzten technischen Lösungen ausgereift sind und bevor Mehrwerte für Patienten und Ärzte die Aufwände überwiegen“, heißt es etwa aus Thüringen. (1)
E-Rezept verzögert sich bis mindestens Januar 2022
Im Oktober 2021 sollte es eigentlich – freiwillig und bundesweit – losgehen. Doch auch der Roll-out des E-Rezepts verzögert sich erneut. Der Grund dafür sei, dass viele Arztpraxen noch gar nicht die technische Möglichkeit hätten, E-Rezepte auszustellen, so die Gematik Zurzeit soll es an zertifizierten Updates mangeln. Damit wird die freiwillige bundesweite Einführung ein weiteres Mal verschoben: Ursprünglich sollte es am 1. Juli 2021 losgehen, dann wurde der 1. Oktober in Aussicht gestellt. Weiterhin festgehalten wird allerdings an der Einführungspflicht am 1. Januar 2022.
Die E-Rezept-Testphase in der Fokusregion Berlin-Brandenburg wird daher erst einmal verlängert. Die seit Juli 2021 laufenden, ursprünglich auf drei Monate angelegten Tests in einigen Arztpraxen und Apotheken in der Metropolregion laufe nun bis Ende November. Dieser Beschluss wurde auf der Gesellschafterversammlung der Gematik gefasst. Damit wird die freiwillige bundesweite Einführung, die am 1. Oktober starten sollte, vorerst auf Eis gelegt: Bundesweit stehen die digitalen Verordnungen also noch nicht bereit.
E-Rezepte Pflicht, aber funktionieren – noch – nicht ...
Dennoch wird an der verpflichtenden Einführung der E-Rezepte im Januar 2022 festgehalten – ab dann soll es für gesetzlich Versicherte keine rosa Muster-16-Rezepte mehr geben, sondern E-Rezept-Schlüssel in digitaler Form oder ausgedruckt auf Papier. Die Apotheken im Land hätten somit lediglich im Dezember Zeit, sich mit dem E-Rezept und den neuen Abläufen vertraut zu machen.
Keine Updates für Praxisverwaltungssysteme vorhanden
Als Grund für die Planänderung gibt die Gematik an, dass viele Arztpraxen gar nicht die technische Möglichkeit haben, E-Rezepte auszustellen: So mangele es an zertifizierten Updates für ihre Praxisverwaltungssysteme. Bisher haben viele Versicherte außerdem noch nicht die neueste Generation der elektronischen Gesundheitskarte mit NFC-Schnittstelle und dazugehöriger PIN. Karte und PIN der jeweiligen Krankenkasse sind jedoch Voraussetzungen, um die E-Rezept-App der Gematik in vollem Umfang nutzen zu können, also E-Rezepte in der App zu empfangen und zu verwalten. Außerdem verhielten sich viele Krankenkassen beim E-Rezept der Gematik noch sehr zurückhaltend. So sei eine flächendeckende Einführung wenig aussichtsreich. Zum jetzigen Quartalsbeginn rechnet man mit einem deutlichen Anstieg der Zahl angepasster Praxisverwaltungssysteme. Außerdem liegen dem Bundesgesundheitsministerium seit wenigen Tagen Zusagen weiterer großer Krankenkassen vor, die sich nun ebenfalls aktiv an der Testphase beteiligen werden.
Große Skepsis in der Branche
Die Entwicklungen überraschen nur wenig: Hinter vorgehaltener Hand hatten sich in den letzten Wochen immer mehr VertreterInnen der Ärzte- und Apothekerschaft, der Softwareanbieter sowie der Rechenzentren skeptisch geäußert. Die Einführung des E-Rezepts – ursprünglich für Juli 2021 geplant – war vor allem politisch motiviert, während es bei den technischen Prozessen nach wie vor viele offene Fragen und Baustellen gibt.
Beteiligte der Testdurchläufe in der Fokusregion sprechen davon, dass bisher vor allem „Dummy-Rezepte“ ausgestellt wurden. Außerdem würden zahlreiche Praxissysteme noch gar nicht richtig E-Rezept-tauglich sein, auch wenn sie von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) eine entsprechende Zertifizierung aufweisen. (2)
Rund 20 Prozent der Arztpraxen nutzt zur Datenübermittlung noch das Fax. Das kann ein Verstoß gegen den Datenschutz sein, der strafbar ist.
Wie sehr das deutsche Gesundheitswesen in Sachen Digitalisierung hinterherhinkt, zeigt auch die Tatsache, dass – so der Digitalbranchen-Verband Bitkom Ende Juli – noch rund ein Fünftel der deutschen Arztpraxen die Telefax-Technik nutzt, um Daten zu übermitteln.
Faxen aus Praxen rechtlich problematisch
Darin sieht die Stiftung Gesundheit mit Sitz in Hamburg auch ein rechtliches Problem. Denn Informationen über Patienten oder andere Gesundheitsdaten per Fax zu übermitteln, sei inzwischen rechtswidrig, da die Datenschutz-Grundverordnung es verbietet, sensible Daten auf eine Weise zu übertragen, bei der nicht sichergestellt ist, wo sie am Ende tatsächlich ankommen – und das ist bei der Fax-Technik der Fall. Theoretisch drohten nach der DSGVO Bußgelder von bis zu 20 Millionen Euro, warnt die Stiftung Gesundheit.
Denn: Sichere und erprobte Techniken stünden schon seit längerem bereit, heißt es gleichzeitig vom Bundesverband Gesundheits-IT. Sogenannte KIM-Dienste – die Abkürzung steht für „Kommunikation im Medizinwesen“ – ermöglichten einen sicheren und effizienten Datenaustausch.
Noch-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn setzt seine Hoffnungen immer noch auf die elektronische Patientenakte. Diese soll nach ihrem offiziellen Start zum Jahreswechsel schrittweise ausgebaut werden – derzeit dümpelt ihre Nutzung aber noch vor sich hin. (3)
Unser Fazit: Es bedarf IT-Profis, um die komplexen Vorgaben im Gesundheitswesen auf dem Weg in die Digitalisierung verstehen und erfüllen zu können. Dafür sind wir da! Wir helfen Arztpraxen, Apotheken, Krankenhäusern und Gesundheitsämtern Abläufe zu vereinfachen, Systeme zu verknüpfen, Technik für die entsprechenden MitarbeiterInnen verständlich zu machen.
Wir sorgen dafür, dass Ihre digitale Infrastruktur funktioniert! Und zwar immer! Zu 100 Prozent! Das Beste daran: Einmal eingerichtet, müssen Sie sich um gar nichts mehr kümmern! Für Ihre Daten sowie deren Sicherheit sind wir zuständig. Und das jeden Tag, 24 Stunden lang. Probieren Sie es aus! Rufen Sie uns an. Wir stehen für eine erste kostenfreie Beratung zur Verfügung.
Telefon: 0511 6766898-0